Neben dem „normalen“ Strafrecht kennt das deutsche Recht unter anderem den Typus des Steuerstrafrechts. Letzteres greift durch Verweise innerhalb der Abgabenordnung (AO) auf viele Grundsätze des allgemeinen Strafverfahrens zurück. Allerdings umfasst es wiederum eine Hand voll Sonderregelungen.
In diesem Beitrag zeichnet Rechtsanwalt Markus Bialobrzeski aus Braunschweig, Fachanwalt für Steuerrecht, Strafrecht und Arbeitsrecht, einen abstrakten Überblick des Steuerstrafverfahrens, bevor in weiteren Artikeln detaillierter auf einzelne Verfahrensbesonderheiten bzw. Strafverfolgungsvoraussetzungen (z. B. Betriebsprüfung, Rechtzeitigkeit und Umfang einer Selbstanzeige, Vorsatzbegriff im Steuerstrafrecht, Straf- und Bußgeldstelle, u. v. m.) eingegangen werden soll.
Grundlagen des Steuerrechts
Das Steuerrecht regelt als ein umfangreiches und eigenständiges Rechtsgebiet des öffentlichen Rechts insbesondere die Festsetzung und Erhebung von Steuern. Seine rechtliche Grundlage hat das Steuerrecht in der Finanzverfassung des Grundgesetzes (Art. 104a ff. GG). An die Finanzverfassung anknüpfend stellt die Abgabenordnung sozusagen als Kerngesetz des Steuerrechts allgemeingültige Regelungen unter anderem zur Zahlungsverpflichtung von Steuerschulden, dem Umfang ihrer Erhebung sowie Zuständigkeiten von Behörden auf.
Auf die allgemeinen Grundsätze aufbauend, existieren bezüglich der zahlreichen Steuerarten (in der Bundesrepublik immerhin mehr als 40) jeweils Einzelsteuergesetze.
Hintergrund dieser kleinteiligen Aufspaltung ist die Idee einer Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit eines jeden Steuerpflichtigen. Während eine gerechte Aufteilung der Steuerlast durch eine einzige Steuer der Höhe nach nicht zu bemessen wäre, soll die Unterteilung in direkte Steuern, bei denen Steuerschuldner und Steuerträger identisch sind (z. B. Einkommensteuer) und indirekte Steuern (Steuerträger und Steuerschuldner sind verschieden) dies ermöglichen bzw. dem zumindest nahekommen.
Rechtfertigung eines Steuerstraf- und Steuerordnungswidrigkeitenrechts
Im Gegensatz zum Steuerrecht widmet sich das Steuerstrafrecht der staatlichen Ahndung von Steuervergehen. Dem Steuerrecht hat das Steuerstrafrecht gemein, dass auch dieses in der Abgabenordnung, nämlich in den §§ 369 bis 384 AO, geregelt ist, wobei durch Verweise in großem Umfang auf Vorschriften des allgemeinen materiellen sowie prozessualen Strafrechts aus Strafgesetzbuch (StGB) und Strafprozessordnung (StPO) zurückgegriffen wird.
Die Steuervergehen werden abhängig von ihrer Schwere in Steuerstraftaten und Ordnungswidrigkeiten unterteilt. Als steuerrechtliche Ordnungswidrigkeiten werden gem. § 377 Abs. 1 AO Zuwiderhandlungen bezeichnet, die nach diesem Gesetz (AO) oder den Steuergesetzen mit Geldbuße geahndet werden können.
Steuerstraftaten sind nach § 369 Abs. 1 AO hingegen:
- Taten, die nach den Steuergesetzen strafbar sind,
- der Bannbruch,
- die Wertzeichenfälschung und deren Vorbereitung, soweit die Tat Steuerzeichen betrifft,
- die Begünstigung einer Person, die eine Tat nach den Nummern 1 bis 3 begangen hat.
Anders als bei Steuerordnungswidrigkeiten ist die Wiedergutmachung eines Fehlverhaltens durch bloße Zahlung bei vorgenannten Straftaten nicht möglich. Vielmehr bringen sie neben Geldstrafen auch zum Teil empfindliche Freiheitsstrafen mit sich. In Fällen, in welchen eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ausgesprochen wird, kann das Gericht nach § 375 AO sogar die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2 StGB).
Schutzgut der Straf- und Bußgeldvorschriften der Abgabenordnung ist das öffentliche Interesse am rechtzeitigen und vollständigen Aufkommen der einzelnen Steuern, sprich der staatliche Steueranspruch. Nach überwiegender Rechtsauffassung entspringe die Strafwürdigkeit der Steuervergehen demnach nicht dem bloßen Ungehorsam des pflichtwidrig Handelnden, sondern vielmehr der damit verbundenen Schädigung der übrigen ehrlichen Steuerzahlenden. Insofern dienen die Strafvorschriften der Abgabenordnung vor allem auch um einer gerechten und gleichmäßigen Lastenverteilung.
Die einzelnen Straftatbestände der Abgabenordnung
Es scheint, dass im Steuerstrafrecht nicht „viele“ Verfehlungen möglich seien, denn die Abgabenordnung kennt in den §§ 370 ff. lediglich vier Tatbestände – Steuerhinterziehung, Bannbruch, Schmuggel und Steuerhehlerei. Diese sind in ihrer Abstraktheit allerdings geeignet, eine große Bandbreite steuerlicher Zuwiderhandlungen zu erfassen und unter staatliche Aufsicht zu nehmen.
Die Straftatbestände pönalisieren im Einzelnen:
Steuerhinterziehung (§ 370 AO):
Nach dieser Norm macht sich strafbar, wer über steuerlich erhebliche Tatsachen pflichtwidrig unvollständige oder unrichtige oder unrichtige Angaben macht oder die Finanzbehörden über solche pflichtwidrig in Unkenntnis lässt und dadurch Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Unter Strafe steht somit die Abgabe einer falschen oder unvollständigen Steuererklärung oder das pflichtwidrige Unterlassen einer solchen. Der Strafrahmen einer Steuerhinterziehung reicht von Geldstrafe über Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Bereits der Versuch ist strafbar.
Bannbruch (§ 372 AO):
Ebenso eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren hat im Fall eines Bannbruchs zu erwarten, wer Gegenstände entgegen einem Verbot einführt, ausführt oder durchführt.
Schmuggel (§ 373 AO):
Mit einer Strafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren ist zu rechnen, wenn gewerbsmäßig Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben hinterzogen werden oder gewerbsmäßig durch Zuwiderhandlungen gegen Monopolvorschriften Bannbruch begangen wird. Auch hier ist der Versuch strafbar.
Steuerhehlerei (§ 374 AO):
Wer Erzeugnisse oder Waren, hinsichtlich deren Verbrauchsteuern oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben hinterzogen oder Bannbruch begangen worden ist, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder abzusetzen hilft, um sich oder Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer hier gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, hat sogar eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erwarten. Wiederum ist der Versuch strafbar.
Beratung zum Thema Steuerstrafrecht insbesondere zu Ihrem Steuerstrafverfahren
Das Steuerrecht ist kompliziert und birgt aufgrund schnell begangener Fehler für nahezu Jedermann die Gefahr einer Pönalisierung. Ein gut organisiertes, taktisch ausgerichtetes Vorgehen ist im Steuerstrafverfahren von höchster Bedeutung, wobei eine interdisziplinäre Herangehensweise einen besonderen Nutzen mit sich bringt.
Rechtsanwalt Markus Bialobrzeski aus Braunschweig, Fachanwalt für
Steuerrecht, Strafrecht und Arbeitsrecht, berät Sie bei Fragen zum
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