Nachweisgesetz Änderungen 2022

Mit Wirkung zum 01.08.2022 hat das Nachweisgesetz einige grundlegende Änderungen erfahren. Die Änderungen am Nachweisgesetz und einigen anderen Gesetzen waren notwendig, da die EU die dem Nachweisgesetz bereits zugrundeliegende Richtlinie neu gefasst hat. Mit den zum 01.08.2022 in Kraft getretenen Änderungen hat der deutsche Gesetzgeber nun auf die neue EU-Richtlinie reagiert und diese in nationales Recht umgesetzt.

Doch was ist das Nachweisgesetz überhaupt? Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Markus Bialobrzeski erläutert in diesem Beitrag, was das Nachweisgesetz in arbeitsrechtlicher Sicht überhaupt „nachweisen“ soll, welche Änderungen in Kraft getreten sind und was Arbeitgeber und Arbeitnehmer ab sofort beachten müssen.

Was ist das Nachweisgesetz?

Dass das Nachweisgesetz etwas „nachweisen“ soll, lässt sich bereits an seinem Kurztitel ablesen. Doch es bleibt hierbei im Unklaren, was das überhaupt sein soll. Das Nachweisgesetz ist ein Gesetz, welches dem Arbeitsrecht zuzuordnen ist. Innerhalb des Arbeitsrechts und der Arbeitsverhältnisse soll das Nachweisgesetz dafür sorgen, dass die Akteure eines Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Arbeitsbedingungen kennen und wissen, wie und wo sie sich darüber informieren können.

Der Titel des Nachweisgesetzes lautet in seiner Langfassung: „Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen“. Dieser Langtitel zeigt sehr viel besser den Sinn und Zweck des Gesetzes. Die wesentlichen Arbeitsbedingungen, die jedem Arbeitsverhältnis zugrunde liegen, können entweder in Arbeitsverträgen geregelt sein oder der Arbeitgeber stellt einen Arbeitsnachweis bzw. eine Niederschrift hierüber aus.

Was regelt das Nachweisgesetz, das 1995 in Kraft getreten ist?

Das Nachweisgesetz erlegt dem Arbeitgeber die Pflicht auf, die wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich niederzulegen und dem Arbeitnehmer diese Niederschrift oder einen Arbeitsnachweis auszuhändigen. Zu den wesentlichen Arbeitsbedingungen zählen z.B. die Vergütung, die tägliche/wöchentliche/monatliche Arbeitszeit, die Länge des Erholungsurlaubs oder die Adressen der Vertragspartner. Welche Arbeitsbedingungen wesentlich und niederzulegen sind, ist davon abhängig, welche Arbeitsbedingungen für das jeweilige Arbeitsverhältnis prägend sind.

Die Regelung in § 2 Abs. 1 des Nachweisgesetzes enthält einen Beispielkatalog für die Mindest-arbeitsbedingungen, welche der Arbeitgeber nachzuweisen hat. Darüber hinausgehende wesentliche Arbeitsbedingungen, die für das jeweilige Arbeitsverhältnis spezifisch sein können, sind ebenfalls zusätzlich nachzuweisen.

Mit der Niederschrift soll der Arbeitnehmer ein Schriftstück haben, aus dessen Inhalt er die Arbeitsbedingungen jederzeit entnehmen und schriftlich fixiert nachlesen kann.

Katalog der Arbeitsbedingungen

In dem Katalog der wesentlichen Arbeitsbedingungen des § 2 Abs. 1 Nachweisgesetz in der Fassung bis 31.07.2022 musste der Nachweis mindestens folgende Arbeitsbedingungen enthalten:

  • Name und Anschrift der Vertragsparteien
  • Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
  • vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses (bei befristeten Arbeitsverhältnissen)
  • Arbeitsort oder Hinweis, dass Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden kann
  • kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit
  • Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich Zuschläge, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts und Fälligkeit
  • vereinbarte Arbeitszeit
  • Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
  • Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses
  • allgemeiner Hinweis auf die anzuwendenden Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen

Welche Rolle spielt das Nachweisgesetz?

Die Beispiele der wesentlichen Arbeitsbedingungen, die der Arbeitgeber nachzuweisen hat, zeigen bereits, dass diese Angaben klassischerweise in einem schriftlichen Arbeitsvertrag enthalten sind. Allerdings ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag keine Pflicht.

Durch die Vertragsfreiheit und die Formfreiheit von Verträgen können Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Begründung des Arbeitsverhältnisses so regeln, wie sie dies möchten oder wie dies zweckmäßig erscheint. Dazu gehört auch die Freiheit, einen lediglich mündlichen Arbeitsvertrag zu schließen. Solange sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Hauptleistungspflichten – der Arbeitgeber schuldet die Vergütung; der Arbeitnehmer schuldet die Arbeit – einig sind, reicht dies praktisch für die Begründung des Arbeitsverhältnisses aus.

Für den Arbeitnehmer ist ein mündlicher Arbeitsvertrag allerdings nicht sinnvoll. Bei einem etwaigen Gerichtsprozess, z.B. bei Streitigkeit über die Vergütung, kann er weder beweisen, wie hoch die vereinbarte Vergütung war, noch, dass überhaupt ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. In solchen Fällen ermöglicht die Niederschrift oder der Arbeitsnachweis, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsbedingungen nachsehen kann.

Da jedoch ein weit überwiegender Teil der Arbeitsverhältnisse durch schriftliche Arbeitsverträge begründet wird, dürfte die Rolle, die der Arbeitsnachweis und das Nachweisgesetz spielen, eher gering sein. Bei dem Nachweisgesetz handelt es sich um eine gesetzliche Regelung, die kaum einen größeren Anwendungsbereich hat oder hatte.

Was ändert sich ab dem 01.08.2022 im Nachweisgesetz?

Die EU hat im Jahr 2019 eine neue EU-Richtlinie beschlossen, die den europäischen Arbeitsmarkt moderner und transparenter gestalten soll. Die EU-Mitgliedsstaaten mussten die EU-Richtlinie 2019/1152 bis zum 31.07.2022 in ihr nationales Recht übernehmen.

Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem am 20.07.2022 beschlossenen Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie das Nachweisgesetz und weitere Gesetze geändert. Am deutlichsten hat der Gesetzgeber den Katalog der wesentlichen Arbeitsbedingungen, über die ein schriftlicher Nachweis zu erbringen ist, geändert. Die Nachweisobliegenheiten des Arbeitgebers sind damit massiv ausgeweitet worden.

Ergänzter Katalog der wesentlichen Arbeitsbedingungen in § 2 Nachweisgesetz ab 01.08.2022

  • das Enddatum des Arbeitsverhältnisses (nur, wenn Arbeitsverhältnis befristet ist) – § 2 Abs. 1 Nr. 3 NachwG (ergänzt)
  • falls vereinbart: die Möglichkeit des Arbeitnehmers den jeweiligen Arbeitsort frei wählen zu können – § 2 Abs. 1 Nr. 4 NachwG (ergänzt)
  • falls vereinbart: die Dauer der Probezeit – § 2 Abs. 1 Nr. 6 NachwG (neu eingefügt)
  • hinsichtlich Überstunden: die Möglichkeit der Anordnung, die Voraussetzungen der Anordnung und Vergütung – § 2 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 10 NachwG (ergänzt)
  • die Fälligkeit des Arbeitsentgelts und die Form, in der das Arbeitsentgelt ausgezahlt wird – § 2 Abs. 1 Nr. 7 NachwG (ergänzt)
  • die Ruhepausen und Ruhezeiten – § 2 Abs. 1 Nr. 8 NachwG (ergänzt)
  • falls Schichtarbeit vereinbart ist: das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen – § 2 Abs. 1 Nr. 8 NachwG (ergänzt)
  • falls vereinbart: Einzelheiten zur Arbeit auf Abruf – § 2 Abs. 1 Nr. 9 NachwG (neu eingefügt)
  • Hinweis auf etwaigen Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildungen – § 2 Abs. 1 Nr. 12 NachwG (neu eingefügt)
  • falls betriebliche Altersversorgung vereinbart: Name und Anschrift des Versorgungsträgers der betrieblichen Altersversorgung – § 2 Abs. 1 Nr. 13 NachwG (neu eingefügt)
  • im Falle der Kündigung des Arbeitsverhältnisses: Information über einzuhaltendes Verfahren (bei Kündigung von beiden Parteien), mindestens aber das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses; die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage – § 2 Abs. 1 Nr. 14 NachwG (deutlich ergänzt)
  • bei kirchlichen Arbeitsverhältnissen: Hinweis auf anwendbare Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen – § 2 Abs. 1 Nr. 15 NachwG (ergänzt)

Weitere Änderungen im Nachweisgesetz

Neben der Ausweitung des Katalogs mit den wesentlichen Arbeitsbedingungen, über die der Arbeitgeber einen Nachweis niederzulegen hat, ist das Nachweisgesetz weiter ergänzt worden.

Das Nachweisgesetz ist um zusätzliche Nachweis- und Unterrichtungspflichten bei einer Auslandstätigkeit mit einer Länge von mehr als 4 Wochen ergänzt worden, sowie bei der Anwerbung von ausländischen Arbeitnehmern für eine Tätigkeit in Deutschland.

Das Nachweisgesetz legt außerdem fest, wann der Arbeitgeber zeitlich abgestuft ab dem Beginn des Arbeitsverhältnisses über welche Arbeitsbedingungen einen Nachweis zu erbringen hat. Es wurden neue Übergangs- und Bußgeldvorschriften eingeführt.

Welche weiteren Änderungen sind zum 01.08.2022 in Kraft getreten?

Das Artikelgesetz, welches u.a. das Nachweisgesetz geändert hat, hat zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1152 an weiteren Gesetzen Änderungen vorgenommen. Das Berufsbildungsgesetzes (BBiG) wurde in § 11 um entsprechende Nachweise bei Berufsausbildungsverträgen über wesentliche Arbeitsbedingungen geändert. Es müssen nun folgende weitere Nachweise in die Verträge aufgenommen werden:

  • Name und Anschrift der Ausbildenden sowie der Auszubildenden, bei Minderjährigen zusätzlich Name und Anschrift ihrer gesetzlichen Vertreter oder Vertreterinnen
  • die Ausbildungsstätte und Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte
  • Zahlung und Höhe der Vergütung sowie deren Zusammensetzung, sofern sich die Vergütung aus verschiedenen Bestandteilen zusammensetzt
  • Vergütung oder Ausgleich von Überstunden

Die Änderungen sind damit z.T. inhaltsgleich mit den Änderungen in dem Katalog der mindestens nachzuweisen wesentlichen Arbeitsbedingungen in § 2 Abs. 1 des Nachweisgesetzes.

Teilzeit- und Befristungsgesetz

Das TzBfG wurde ebenso geändert. Dem Arbeitgeber werden spezielle Pflichten auferlegt, auf schriftliche Wünsche von befristet eingestellten Arbeitnehmern zu reagieren. Äußern Arbeitnehmer, die bereits länger als 6 Monate beschäftigt sind, den Wunsch nach Änderung der Lage oder Dauer der Arbeitszeit (§ 7 Abs. 3 TzBfG) oder den Wunsch nach einem unbefristeten Arbeitsverhältnis (§ 18 Abs. 2 TzBfG), hat der Arbeitgeber hierauf schriftlich und begründet innerhalb von einem Monat zu reagieren.

Außerdem wurde eine Regelung zur Begrenzung der Länge der Probezeit bei befristeten Arbeitsverhältnissen eingefügt. Nach der Neufassung von § 15 Abs. 3 TzBfG muss sich die Probezeit hinsichtlich ihrer Länge an der zu der erwartenden Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit orientieren. Eine maximal 6-monatige Probezeit dürfte bei einfachen Tätigkeiten und einer relativ kurzen Befristung kaum haltbar oder verhältnismäßig sein.

Weitere Änderungen

In weiteren Gesetzen, die die Ausbildung in einigen Berufen regeln (z.B. PTA, Notfallsanitäter) wurde hinsichtlich des Ausbildungsvertrages ein an den Nachweispflichten entsprechender Bezug zu den Änderungen bspw. in § 11 BBiG hergestellt. In weiteren Gesetzen, dem Seearbeitsgesetz und der Gewerbeordnung, wurden Regelungen zu Pflichtfortbildungen und der Kostentragung dieser Pflichtfortbildungen durch den Arbeitgeber eingefügt.

Wie viel Zeit hat der Arbeitgeber für den Nachweis?

Mit den Änderungen hinsichtlich des Umfangs der nachzuweisenden wesentlichen Arbeitsbedingungen hat der Gesetzgeber auch unterschiedliche Fristen eingeführt, wann welche Arbeitsbedingungen nachgewiesen werden müssen. Dabei wird der Arbeitsbeginn als Bezugspunkt genommen, um die Nachweispflichten abzustufen.

Am ersten Tag nach Beginn der Beschäftigung muss der Arbeitgeber über den Namen und die Anschrift der Vertragsparteien informieren, über die Höhe des Arbeitsentgelts und die vereinbarte Arbeitszeit. Dies entspricht praktisch den Hauptleistungspflichten eines Arbeitsverhältnisses.

Bis zum siebten Tag nach Beginn der Beschäftigung muss der Arbeitgeber u.a. den Nachweis über den Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses führen, den Arbeitsort, eine Beschreibung der Aufgaben bzw. vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeiten und die Art und Weise, ob und wie Überstunden angeordnet werden können.

Bis zum Ende des ersten Monats nach Beginn der Beschäftigung muss der Arbeitgeber alle restlichen wesentlichen Arbeitsbedingungen nachgewiesen haben. Darunter fallen z.B. die Kündigungsmodalitäten, anzuwendende Tarifverträge/ Betriebsvereinbarungen/ Dienstvereinbarungen sowie die Länge des Erholungsurlaubs.

Tipp vom Fachanwalt: Um etwaige Nachweispflichten nicht zu verpassen, empfiehlt es sich alle Nachweispflichten – soweit diese nicht im schriftlichen Arbeitsvertrag enthalten sind – am ersten Tag des vereinbarten Beginns der Tätigkeit nachzuweisen bzw. den Arbeitsnachweis auszuhändigen. Dies sorgt bei beiden Vertragsparteien für größtmögliche Transparenz und beugt unliebsamen und vermeidbaren Bußgeldern vor.

Denn mit der Änderung des Nachweisgesetzes hat der Gesetzgeber bei einem Verstoß auch erstmals Bußgeldvorschriften in das Gesetz implementiert.

Welche Folgen können Verstöße gegen das Nachweisgesetz ergeben?

Bis zum 31.07.2022 hatten Verstöße gegen das Nachweisgesetz kaum relevante Konsequenzen für den Arbeitgeber. Lediglich wenn es der Arbeitgeber versäumt hat, den Arbeitnehmer z.B. auf bestimmte Ausschlusspflichten hinsichtlich der Rechten aus Tarifverträgen hinzuweisen und sich hieraus ein Verzugsschaden ergeben hat – z.B., weil der Arbeitnehmer bestimmte Rechte nicht mehr geltend machen kann und hieraus ein finanzieller Schaden entsteht, konnte eine Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers eintreten.

Neben dem Verzugsschaden hatte der Arbeitnehmer auch die Möglichkeit, in bestimmten Fällen seine Arbeitskraft zurückzubehalten. Letztlich war das Nachweisgesetz aber ein relativ zahnloser Tiger, was mit dem niedrigen Stellenwert des Gesetzes an sich durchaus korrelierte.

Bußgeldvorschriften im neuen Nachweisgesetz

Mit den Änderungen des Nachweisgesetzes zum 01.08.2022 hat sich dies allerdings geändert. In dem neuen § 4 NachwG sieht das Gesetz nun eine Bußgeldvorschrift vor. Das Bußgeld kann bis zu 2.000 Euro betragen.

Nach § 4 NachwG handelt ordnungswidrig, wer

  • überhaupt nicht,
  • zu spät bzw. nicht rechtzeitig,
  • nicht vollständig oder
  • nicht auf die richtige Weise

den Nachweis über die wesentlichen Arbeitsbedingungen niederlegt. Nicht auf die richtige Weise kann bereits bedeuten, dass das strikte Schriftformerfordernis durch den Arbeitgeber bei einem Arbeitsnachweis nicht eingehalten worden ist.

Verstoß gegen Nachweispflichten berührt Arbeitsverhältnis nicht

Auch wenn der Arbeitgeber seiner Pflicht zum Nachweis über die Arbeitsbedingungen nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist, so hat dies keinen Einfluss auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsverhältnis bleibt auch ohne Pflichtnachweise gültig und ist von beiden Parteien weiterhin zu erfüllen.

Für wen gelten die neuen Regelungen?

Die neuen Nachweispflichten gelten für alle Arbeitsverträge, die nach dem 01.08.2022 geschlossen wurden. Darüber hinaus gelten die neuen Regelungen des Nachweisgesetzes auch für Arbeitsverhältnisse, die zwar vor dem 01.08.2022 geschlossen worden sind, aber einen vereinbarten Arbeitsbeginn ab dem 01.08.2022 beinhalten.

Für alle „Alt-Verträge“, also Arbeitsverträge, die vor dem 01.08.2022 geschlossen wurden oder deren Arbeitsbeginn vor dem 01.08.2022 lag, gilt eine Übergangsregelung. Arbeitnehmer können gem. § 5 NachwG eine Niederschrift über die wesentlichen Arbeitsbedingungen verlangen. Der Arbeitgeber muss die Arbeitsbedingungen nach § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 10 NachwG bis zum siebten Tag nach Aufforderung des Arbeitnehmers nachweisen; alle anderen bis spätestens einen Monat nach Zugang der Aufforderung des Arbeitnehmers.

Enthält der Arbeitsvertrag oder früher ausgestellte Arbeitsnachweise sämtliche nachzuweisenden wesentlichen Arbeitsbedingungen, entfällt die Pflicht zur Aushändigung eines Arbeitsnachweises bzw. der Niederschrift darüber.

Welche Folgen haben die Änderungen für Arbeitgeber?

Vor allem Arbeitgeber müssen wegen der Änderungen des Nachweisgesetzes handeln. Die Ausweitung des Nachweises der wesentlichen Arbeitsbedingungen kann zwar dazu führen, dass auch neben schriftlichen Arbeitsverträgen vermehrt wieder Niederschriften bzw. Nachweise ausgehändigt werden müssen. Doch ratsam ist es für Arbeitgeber, ihre Arbeitsverträge entsprechend anzupassen.

Unklarer Umfang der Nachweispflichten

Gerade hinsichtlich der Ausweitung der Nachweispflichten bezüglich der Kündigungsmodalitäten ist bisher relativ unklar, welchen Umfang dies nach dem Willen des Gesetzgebers haben soll. Der Arbeitgeber hat nicht nur auf die arbeitgeberseitige Kündigung, die Kündigungsschutzklage und deren Frist hinzuweisen. Sogar auf das Verfahren, wenn der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis selbst kündigen will, hat der Arbeitgeber hinzuweisen.

Zwar kann der Arbeitgeber statt auf alle kündigungsrelevanten Einzelheiten hinzuweisen auch auf die geltende gesetzliche Regelung hinweisen, allerdings kann dies z.B. durch Tarifrecht oder beispielsweise in Arbeitsverhältnissen nach kirchlichen Regelungen nicht in dem Maße anwendbar sein. Zum Zeitpunkt der Änderungen des Nachweisgesetzes enthielten selbst einschlägige juristische Fach-handbücher keine Vorschläge, welche Formulierungen für diesen Nachweis rechtskonform und anwendbar sind.

Um seiner Pflicht, die wesentlichen Arbeitsbedingungen nachweisen zu können, nachzukommen, muss der Arbeitgeber daher bei der Anpassung von Muster-Verträgen auf eine Rechtsberatung zurückgreifen um bei dem z.T. unklaren Umfang der Nachweispflichten nicht in eine Bußgeldfalle zu tappen. Erst die Rechtsberatung durch einen sachkundigen Fachanwalt für Arbeitsrecht kann ausloten, wie die Nachweise pflichtgemäß anzupassen sind.

Hoher Arbeitsaufwand für Arbeitgeber

Zwar ging die Bundesregierung bei der Einbringung des Transformationsgesetzes davon aus, dass der Aufwand für Arbeitgeber gering sein dürfte und nur im Bereich von wenigen Minuten liegt. Allerdings ist dies kaum haltbar, da bei der Fülle von Arbeitsbedingungen, die zusätzlich in Arbeitsverträgen enthalten sein müssen oder über die zusätzlich nachzuweisen ist, z.T. keine Muster zur Verfügung stehen.

In vielen Arbeitsverträgen dürften die Kündigungsmodalitäten nämlich nicht dergestalt enthalten sein, wie die Änderung des Nachweisgesetzes dies vorsieht. So hätte jeder „Alt“-Arbeitnehmer das Recht einen entsprechenden zusätzlichen Arbeitsnachweis über die nicht in den bisherigen Arbeitsverträgen enthaltenen Arbeitsbedingungen ausgehändigt zu bekommen.

Möchte der Arbeitgeber also ein mögliches Bußgeld, welches bis zu 2.000 Euro betragen kann, vermeiden, muss er schnellstens handeln und seine Arbeitsverträge und Muster entsprechend rechtskonform anpassen lassen. Durch die weitreichenden Änderungen scheint ein Aufwand von einigen Minuten eine Utopie zu sein.

Hinzu kommt, dass trotz der Digitalisierung der Arbeitswelt eine digitale Version des Nachweises nicht vorgesehen ist. Es gilt, trotz der europäisch vorgesehenen Möglichkeit einer digitalen Version, ein striktes Schriftformerfordernis. Der Arbeitgeber muss die Niederschrift bzw. den Arbeitsnachweis über die wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich formulieren und unterschreiben. Auch diese zusätzliche bürokratische Hürde erhöht den Zeitaufwand für den Arbeitgeber.

Folgen für Arbeitnehmer – zweifelhafter Nutzen?

Arbeitnehmer haben von der Erweiterung der Nachweispflichten den Nutzen, dass sie mehr und transparenter über die für sie geltenden Arbeitsbedingungen informiert werden und sich leichter informieren können. Allerdings muss dabei auch bedacht werden, dass die allermeisten Arbeitsverträge diese Bedingungen auch enthalten oder entsprechend angepasst werden. Die Zahl derer, nämlich Arbeitnehmer ohne schriftlichen Arbeitsvertrag, für die der Arbeitsnachweis einen echten informatorischen Nutzen bringt, dürfte allerdings sehr gering sein.

Tipp vom Fachanwalt: Arbeitnehmern ist grundsätzlich nicht zu empfehlen, einen lediglich mündlichen Arbeitsvertrag abzuschließen. Vor allem der geringe Beweiswert eines solchen Vertrages, auch wenn er rechtlich zulässig ist, ist sehr gering. Hier ist es für den Arbeitnehmer immer rechtlich vorteilhafter, auf einen schriftlichen Arbeitsvertrag zu bestehen.

Ob man in der heutigen Informationsgesellschaft allerdings Arbeitnehmern in ihrem Arbeitsvertrag erklären muss, wie dieser zu kündigen ist und welche Fristen einzuhalten sind, stellt eine Art Bevormundung dar. Jeder mündige Arbeitnehmer kann diese Informationen für sich selbst herausfinden und dementsprechend anwenden.

Beratung zum Thema Arbeitsvertrag, Kündigung und Nachweisgesetz

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Markus Bialobrzeski berät und vertritt Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei dem Entwurf und Abschluss von Arbeitsverträgen, Kündigungen, der Umsetzung des Nachweisgesetzes sowie in allen Fragen des Arbeitsrechts, des Steuerrechts und des Strafrechts. Sie erreichen Bialobrzeski Rechtsanwälte und Steuerberatung unter der Telefonnummer 0531 480 312 80 oder per E-Mail unter office@bialo19.de.